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Mikrokreditprogramm für Witwen

Egal, um welche Zeit wir in Hambantota ankommen, die Banana–Lady steht immer an ihrem Platz. Die Stadt hat neue Marktstände gebaut, die zentral beim Busbahnhof stehen und die Begrüssung war wie immer sehr herzlich und laut.

Die Bananalady

Eingedeckt mit Bananen für eine Woche fuhren wir ins Hambantota Resthouse. Nach den Erfahrungen im letzten Jahr hatten wir auf das Peacock Hotel keine Lust und sonst gibt es keine Unterkünfte.

Leider ist das Resthouse auch nicht mehr zu empfehlen. Da wegen des Hafenausbaus die Zukunft des Hotels nicht geklärt ist, lässt die Regierung es einfach verkommen. Nicht ein Zimmer mit funktionierender Klimaanlage, Sanitäranlagen in desolatem Zustand und völlig durchgelegene Matratzen. Ein richtiges Schüttelhotel: nichts anziehen, nichts benutzen und sich nirgends hinlegen, bevor man nicht alles kräftig geschüttelt hat.

Michel sass kaum auf dem Bett, als ich eine riesige Kakerlake unter dem Kragen seines Poloshirts verschwinden sah. Das ist mit Abstand die fieseste Variante. Das Tier hält erfahrungsgemäss so lange still, bis möglichst viele Zuschauer die entwürdigenden Verrenkungen mitbekommen, die der Träger vollführt, um den Krabbler wieder loszuwerden. Abgebrühte Tropenbesucher fassen mit möglichst unbeteiligter Miene an die Stelle, wo sich etwas bewegt, drücken herzhaft zu und hoffen, dass sich der Fleck später aus dem Kleid auswaschen lässt.

Unser erster Weg führte zum Supermarkt, wo wir Spray mit dem sinnigen Namen „Ninja Killer“ erstanden.

 

 

 

Sifanys EnkelSifany, die Witwe mit der Reismühle, trafen wir als frischgebackene Grossmutter an. Das Mädchen war knapp vier Wochen alt und natürlich durfte ich sie halten. Papierwindeln sind in Sri Lanka für die meisten Eltern unerschwinglich, aber mir erschloss sich der Zweck des dünnen Tüchleins, das sie umhatte, nicht ganz. Mir war so warm ums Herz beim Anblick dieses kleinen Menschleins, dass es ke

ine Rolle spielte, als es mir auch noch warm am Bauch wurde. Auch konnte ich die helle Aufregung nicht verstehen: egal, wer sie gehalten hätte, das Tüchlein konn

te ja nicht von Nutzen sein.

Gut, dass wir neben einem Babybettchen mit integriertem  Moskitonetz und Hemdchen auch noch ein paar Stoffwindeln dabei hatten.

Die Lampe in unserem ZimmerTheres mit dem Enkelkind

Sifays Enkelkind in moskitosicheren Bett

Der Schalter für den Ventilator

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sifany hat sich die Waage, die wir ihr geschenkt hatten, bei der Behörde eichen lassen und sie thront nun in ihrem „Verkaufsladen“. Der Schwiegersohn hat den kaum einen Quadratmeter grossen Verschlag gebaut und der Verkauf von Kleinigkeiten bringt auch die eine oder andere Rupie ein.

Sifanis KrämerladenIn Sifanys Laden

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Durch die Flut von gespendeten Tuk-Tuks hat sich deren Zahl nach dem Tsunami in Hambantota verdreifacht und die einzelnen Fahrer haben deswegen kaum die Möglichkeit, ein anständiges Einkommen zu erzielen. Immerhin ist der Schwieger-sohn Besitzer seines Tuk–Tuks und muss somit seine mageren Einkünfte nicht grösstenteils abliefern.

Im Wesentlichen lebt die Familie von dem Verdienst, den sie mit der Reismühle erzielt, und Sifany ist sehr stolz darauf, dass auch ihr zweiter Kredit bereits zur Hälfte abbezahlt ist. Zudem hat sie sich noch eine gebrauchte Chili Mühle angeschafft, die jedoch bald den Geist aufgab und einen neuen Motor benötigen würde. Es wäre ein Leichtes gewesen, ihr Geld für die Reparatur zu geben. Zusätzlich Geld, damit das veritable Loch an der Ecke des Hausdachs sofort hätte geflickt werden können. Aber es geht ihr und ihrer Familie so viel besser als vor vier Jahren und es geht so vielen noch so viel schlechter. Wo anfangen und wo aufhören? Wir sind sicher, dass Sifany es selber auf die Reihe bringen wird und sie wird garantiert auch einen dritten Kredit von uns erhalten.

Sifanys Reismühle

Einen vergleichsweise luxuriösen Laden hat mittlerweile Sithy Saliha, die mit ihrem Kredit in der Küche mit der Dodolherstellung begonnen hatte. Ihr Dodol sei das Beste in Hambantota und liesse sich in Colombo für unvorstellbare 400 Rupien das Kilo (etwas mehr als CHF 4) verkaufen!? Im Vergleich dazu: ein Kilo Reis kostet 80 Rupien. Hergestellt aus Reisstärke, Kokosfett und Palmzucker schmeckt es um Welten besser, als die Zutaten und die dunkelbraune Farbe vermuten lassen.

Dodol eine Spezialität aus Hambantota

Zariya, die das Projekt leitet, hatte wie immer fein säuberlich alle Unterlagen der einzelnen Kredite und das Bankbüchlein für unsere Begutachtung bereit. Besonders erfreut waren wir über die Witwe mit den Ziegen: ihre Raten waren im vergangenen Jahr lückenlos eingegangen.

Leider waren zwei von den letzten Oktober vergebenen Krediten fast Totalausfälle, die ersten fünf Monate waren die Ratenzahlungen eingetragen, danach nur noch gähnende Leere. Mit einem Ausfall aus den Anfängen (die Witwe, die in die Emirate zog) ist die Rückzahlungsquote damit immer noch sehr hoch, aber wir haben Zariya ins Gewissen geredet. Sie sei für die Auswahl der in Frage kommenden Frauen verantwortlich und weitere Ausfälle würden das ganze Projekt in Gefahr bringen. Wir hatten ihr Geld für fünf weitere Kredite in Aussicht gestellt und sie solle die neuen Anträge gut prüfen. Wir haben die Kredite dann auch ausgehändigt und hoffen, im Frühling nur gute Nachrichten vorzufinden.

WitweWitwe

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

WitweWitwe

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Witwe

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Es ist uns jeweils nicht möglich, alle Frauen zu besuchen, aber diese zwei Witwen wollten wir treffen, nicht zuletzt um festzustellen worin die Probleme bestanden. Eine war wegen Krankheit nicht in der Lage zu bezahlen und befand sich in Spitalpflege. Ob es sich dabei um eine Tatsache oder eine Schutzbehauptung handelte, konnten wir nicht feststellen. Wir werden nächstes Frühjahr  wieder versuchen, sie zu treffen.

Die andere trafen wir in ihrem Haus in der Tsunami-Siedlung an und hier war nicht zu helfen. Die von Zariya zu übersetzende Unterhaltung war mühsam, ebenso das auf jeden Vorschlag geäusserte: „ja – so Gott will – warum nicht“. Ob sie denn schon den Ausspruch: „hilf dir selbst, dann hilft dir Gott“ gehört hätte!? Wurde nur mit einem verständnislosen Blick kommentiert. Ja, wenn sie vielleicht eine Nähmaschine hätte................

Sie lebt von umgerechnet vierzig Franken im Monat, die sie für ihre vier Kinder von einer kirchlichen Organisation erhält. Zusammen mit Öl, Reis und Linsen vom Staat genug zum Überleben, aber nicht genug, um die Kinder anständig zu kleiden oder gar in die Schule zu schicken. Die Kinder anzuschauen, die mit grossen Augen und genau so teilnahmslos da sassen wie die Mutter, zerriss einem fast das Herz. Aber wo anfangen und wo aufhören?

Zariya fragte auf dem Weg zum Auto, was sie denn jetzt tun solle. Vergessen, einfach vergessen – die Frau käme auch mit fünf Nähmaschinen nicht in die Gänge.

Dies war nicht als Verurteilung, sondern als reine Feststellung gemeint. Die Benzin- und Lebensmittelpreise sind derart explodiert, dass man sich fragen muss, wie die meisten Leute ihr Leben überhaupt noch meistern können.

Auch Zariya hatte sich darüber beklagt, wie teuer es geworden sei, die Frauen zu besuchen. Eine Tuk–Tuk-Fahrt nach Siribopura (Tsunami-Siedlung wo die meisten Witwen wohnen) hin und zurück würde mit 300 Rupien zu Buche schlagen und auch die Telefonkosten seien stark gestiegen. Wir haben die Preisentwicklung mit eigenen Augen mitverfolgt und uns bei vielen Gelegenheiten gefragt, wie das für Einheimische zu schaffen sein soll.

Gemeinsames NachtessenDas Essen schmeckt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wir werden Zariyas monatliche Entschädigung ab Januar von 40 auf 60 Franken erhöhen. Als kleines Dankeschön haben wir sie mit ihrer gesamten Familie zum Nachtessen eingela-den. Man beachte, dass neben unserem Fahrer Viktor, nur ein einziger Mann am Tisch sitzt. Ein gewohntes Bild in Hambantota. Viele der Männer arbeiten im Nahen Osten und können ihre Familien nur einmal im Jahr besuchen. Der Mann ihrer Schwester war auf einem dieser seltenen Besuche.

Und was macht Chammi, unsere Schneiderin, die ebenfalls in der abgelegenen Siedlung wohnt? Wohin eine Tuk–Tuk-Fahrt 300 Rupien kostet und an der nur am äussersten Rand eine Buslinie vorbeiführt. Wo der Bus manchmal schon voll ankommt, sehr unregelmässig oder auch mal gar nicht fährt.

Begrüssung bei ChammiBei Chammi im Laden

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Chammi mit dem MotorradTheres als Beifahrerin bei Chammi

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sie fährt als einzige Frau in ganz Hambantota mit einem gebrauchten Motorrad umher!! Vermutlich ist sie die einzige Frau in Sri Lanka, die Motorrad fährt. Wir haben jedenfalls noch nicht eine gesehen.

Sie hat ganz verschämt erzählt, dass sie sechsmal umgefallen sei, aber jetzt hätte sie es im Griff. Sie könne nicht zweimal am Tag eine Stunde auf den Bus warten und Kunden mit dem Tuk–Tuk zu besuchen, um Vorhänge oder ähnliches auszumessen, das sei einfach zu teuer.

Berzahlung des Motorrades

Sie hatte das Motorrad mit dem halben Kaufpreis anbezahlt und würde den Rest nun abstotte

rn. Es war noch nie so einfach, Michel Geld aus den Rippen zu leiern. Er übergab es persönlich dem Vorbesitzer und machte Chammi damit zu der stolzen Besitzerin des ganzen gebrauchten Motorrades.

Chammi for president – und das Land kommt endlich aus der Misere!

Sie vermietet ihr Haus und ist in das baugleiche Haus ihres Vaters gezogen. Die Bestimmungen, dass die Häuser für zehn Jahre von ihren Besitzern bewohnt werden müssen, damit sie nach dieser Frist in ihrem Besitz bleiben, sind im letzten Jahr gelockert worden. Oder es kümmert sich schlicht niemand mehr darum?

Wie alle anderen besteht es aus einer Küche, einem Wohnraum und zwei kleinen Schlafzimmern. Wie bei ihrem eigenen Haus hat sie wieder in einem Anbau hinter dem Haus die Küche untergebracht und somit ein Schlafzimmer für den Vater, eines für sich und einen Arbeitsraum mit Nähmaschine und einem weiteren Bett…..für Gäste!?

Der Vater arbeitet unter der Woche in Colombo, aber ihre Schwester mit Mann und Tochter würde ihr abends Gesell-schaft leisten. Die Schwester sei nach einem Jahr aus den Emiraten zurück-gekehrt, da sie dort eh kaum etwas verdient hätte, und würde für alle kochen. Dass Chammi für die Lebens-mittel aufkommt, versteht sich fast von selbst. Um zehn würden sie in ihr eigenes Haus in der Nähe zurückkehren und Angst hätte sie eigentlich nur vor den Elefanten, die nachts durch die Siedlung laufen würden. Meistens seien es mehrere und das sei nicht so gefährlich, aber manchmal kämen auch junge Bullen alleine.

Die Küche von Chammi

Wenn alle Hotel–Stricke in Hambantota reissen, haben wir ein Zimmer bei Chammi, inklusive Elefantensafari vom Schlafzimmerfenster aus.

Manchmal habe ich ein ganz klein wenig Angst um Chammi. Sri Lanka ist kein Land für Frauen die alleine wohnen, Motorrad fahren und sich nicht scheuen, den Herrenschneider zu feuern, weil der  sich von einer Frau nichts sagen lassen wollte.

Auf dem Rückweg zu unserem Ferienhotel besuchten wir die Banana-Lady in ihrem Weiler. Der Brunnen funktioniert noch immer einwandfrei und die Leute freuten sich sehr über unseren Besuch. Gut, dass dort niemand zur Hintertür rausrennen konnte um diese elend süsse Limonade für die Gäste zu besorgen – der Weiler ist völlig abgelegen. Wir wurden mit frischen Kingcoconuts und natürlich Bananen verköstigt. Der Weg nach Bentota war mühsam. An der Strasse wird gebaut, teilweise werden etwas von der Küste entfernt völlig neue Abschnitte erstellt und wir waren acht Stunden unterwegs.

Im 85-Zimmer-Hotel verloren sich zirka zwei Dutzend Gäste, ein halbes Dutzend davon kannten wir mit Namen.

 

 

 

 

 

Bei der BananaladyBei der Bananalady

 

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