Frauenpower und Freude pur! Schon beim Schreiben dieser Zeilen stellt sich wieder ein ungeheures Glücksgefühl ein.
Als erstes besuchten wir die Witwe, die ihren Kredit zur Anschaffung einer Wasserpumpe beantragt hatte, da sie in Ambalantota, ein paar Kilometer vor Hambantota wohnt. Ganz so einfach war es allerdings nicht. Nach endlosen Reisfeldern, Bananenplantagen und Auskünften von Passanten wie: nach dem nächsten Wasserbüffel rechts, fanden wir endlich die besagte Wasserpumpe, nicht aber die Frau – sie sei in Hambantota an ihrem Bananenstand.
Es handelte sich nicht einmal um ein Dorf, sondern um eine Ansammlung von ca. zwanzig Häusern und die Leute liefen zusammen, um die Weissnasen zu bestaunen.
Wortführerin war eine ältere, resolute Dame. Sie hätten Wasser zum Bewässern und Wäsche waschen, aber für Trinkwasser müssten sie drei Meilen laufen. Die Pumpe zur Bewässerung sei etwas Feines. Ob es denn nicht möglich wäre, einen Trinkwasserbrunnen mit Handpumpe – mit Strom hätten sie es hier eh nicht so – am Eingang der Siedlung neben dem Bewässerungsgraben, für alle zu bauen ???
Wenn man so nett bittet und dann erst noch für alle. Ich lasse die Suche nach einem Brunnenbauer, Ortstermine, Telefonate und Narrengänge weg: Nach fünf Tagen stand ein Trinkwasserbrunnen an genau der Stelle, an der die alte Dame ihn haben wollte, und die der Brunnenbauer auch für gut befand! Wir freuten uns mit den Bewohnern der Siedlung um die Wette.
Ohne Viktors Übersetzung hätte es nicht geklappt, aber ich bestehe trotzdem auch hier auf Frauen-power! Er hatte über unser Ansinnen nur die Stirne gerunzelt und es brauchte einige Überzeugungskraft. Als er jedoch an dem fertigen Brunnen stand und ihm Passanten zuriefen, dass das Trinkwasser ein Segen für jeden sei, der das Strässchen benutzen würde, kam er von seinem strahlenden „very usefull, very, very usefull“ nicht mehr heraus.
Die Material und Erstellungskosten beliefen sich auf Rs. 15 000 und ich habe mir die Adresse des Brunnenbauers aufgehoben. Es ist kaum zu glauben, dass in einem Land mit Monsoonregen 50% der Leute weite Strecken für sauberes Trinkwasser zurücklegen müssen.
Die nächste freudige Überraschung erwartete uns bei Zariya. Sie legte uns eine vorbildliche Buchhaltung über die einbezahlten Raten vor und auf dem Konto lagen nach drei Monaten bereits Rs. 28 819.54! Noch während unserer Anwesenheit konnte ein neuer Kredit an eine weitere Witwe ausgehändigt werden.
Auch Sifayas Vater hatte für einen Kredit angefragt, um seinen Fischhandel zu vergrössern. Da das Projekt nur für Wittfrauen gedacht ist, habe ich den Betrag von Rs. 30000 separat zugeschossen, aber er muss seine Raten auch an Zariya bezahlen. Somit bezahlen ab nächsten Monat bereits 12 Leute Raten u.s.w.u.s.f. Wer weiss, vielleicht eröffnet die Bank Cial eines Tages eine Filiale in Hambantota, den geeigneten Filialleiter hätte ich schon.
Wir haben jede einzelne der Frauen besucht und aus meinen Plänen, den Frauen gegebenenfalls mit weiteren Utensilien unter die Arme zu greifen, wurde nichts: sie kamen alle bestens zurecht!
Wir sahen einen tollen Laden, eine Nähstube für bestickte oder mit Patchwork verzierte Bettwäsche, eine für Cap Hijaps (moslemisches Kopftuch), die nach Badulla verkauft werden und eine Kleiderschneiderei (die einzig gelernte Schneiderin), die so gut lief, dass die Frau ein junges Mädchen als Hilfe einstellen konnte! (Man sehe mir die vielen Ausrufezeichen nach!)
Einzig der Frau mit der Getreidemühle – sie mahlt Reis, stellt damit Stringhoppers her und verkauft diese – brachten wir noch eine 10 Kilo Waage. Sie mahlt auch für andere Reis und die Leute würden sie mit dem Gewicht bescheissen.
Die Freude über die Waage war riesig, aber sie machte uns klar, dass sie die Waagschale für etwas klein befand. Ihr die Tarierung auf Null mit jeder beliebigen Schüssel ohne eine gemeinsame Sprache zu erklären, ist eine Geschichte, die erst im Nachhinein lustig wird. Es dauerte eine Weile, bis ich alle im Haushalt zur Verfügung stehenden Schüsseln –
es waren nur drei – auf dem Tisch hatte. Ich wiederholte den Vorgang mit jeder Schüssel so lange, bis sie begriff. In zwei Beuteln hatte sie je ein bzw. zwei Kilo Reis (anscheinend als Vergleichsmasse) und war hoch erfreut, dass die Beutel in jeder beliebigen Schüssel nach der Tarierung das „richtige“ Gewicht anzeigten.
Es war auch ein Cateringservice dabei und eine Witwe, die in Riesenblechen Dodol zum Verkauf herstellte. Dodol ist eine lokale Spezialität aus Reismehl, Kokosöl und Zucker. Eine dunkle, klebrige und elend süsse Sache.
Wir wurden überall freundlich empfangen und bewirtet. Abends waren wir müde, glücklich und uns war ausnahmslos schlecht von den vielen Süssigkeiten und der Überdosis Tee.
Ich hatte von Anfang an ein gutes Gefühl für das Projekt, aber meine Erwartungen wurden weit übertroffen. Dabei ist es eigentlich nicht verwunderlich, was Menschen mit einem Betrag von CHF 400 bis CHF 600 anstellen, in einem Land in dem viele ihren Lebensunterhalt mit so gut wie gar nichts bestreiten.
Sifayas Vater hatte mich mit seiner Eigeninitiative, wie den Bau des Ladens, positiv überrascht. Ausserdem gefiel mir, das er um einen Kredit nachsuchte und nicht einfach für Geld gefragt hat.
Die Menschen in Hambantota unterscheiden sich sehr von denjenigen, die am Touristen Speckgürtel im Westen des Landes Weissnasen im wesentlichen als Geldbörsen auf zwei Beinen betrachten. Ob dies die Schuld der Einheimischen oder die der Touristen ist, bleibe dahingestellt.
Da kaum jemand von einer Bank einen Kredit erhält, müssen sich die Leute von Geldverleihern Geld mit Wucherzinsen ausleihen oder können nur mit Kommissionsware handeln und müssen den grössten Teil des Profites abliefern.
Diesen Menschen zu einem soliden Einkommen zu verhelfen und gleichzeitig den Wucherern das Wasser abzugraben, macht doppelt Freude.