Die erste Witwe, die wir besucht haben, war die 26 jährige Sifaya. Vor dem Tsunami hatte sie ein gutes Leben. Sie war 8 Jahre verheiratet mit zwei Töchtern, der 6 jährigen Nasreen und der 2 ½ jährigen Nasmila.
Ihr Mann, ein Elektriker, hatte auf dem Grundstück eines Onkels ein Häuschen gebaut mit – wen wunderts – Strom und fliessend Wasser.
Von Zeugen weiss sie, dass ihr Mann die erste Welle überlebt hat, und erst in der zweiten Welle auf dem Weg zu ihr und den Kindern ums Leben kam. Sie konnte ihre 2 ½ jährige Tochter festhal-ten, während sie die Ältere aus den Augen verlor. Am 27sten Dezember um 11 Uhr hat sie Nasreen wiedergefunden. Das Mädchen konnte sich an einer Betontreppe, die stehen geblieben war festhalten, und wurde von einem Nachbarn aus dem Wasser gefischt.
Unvorstellbar, wenn man an den erlebten Horror denkt wenn das eigene Kind in einem Warenhaus für 5 Minuten „verschwindet“, und doch hatte sie damit mehr Glück als viele andere. Sie ist mit ihrer Mutter und den Kindern in einer weissgetünchten Lehmhütte mit Palmblätterdach, das kaum dem Monsun standhalten wird untergekommen, die auf dem Grundstück von Verwandten ihres Mannes steht.
Ein wunderhübsches Geschöpf, wach und intelligent, und so armselig die Hütte war, so sauber war der Boden, und die wenigen Besitztümer waren so akkurat gestapelt, dass es schon fast grotesk anmutete. Ihre grösste Sorge war, die Mädchen in die Schule schicken zu können, und es war nicht das Einzige das sie von anderen Frauen unterschied.
Ich habe im Laufe der Jahre viele einfache, wunderbare Leute kennen gelernt, und sie war einfach – und einfach anders. Dieses Gefühl hat sich im Laufe des Tages während vielen weiteren Besuchen immer mehr verstärkt und abends musste ich einfach noch einmal zu Sifaya zurück.
Lange Rede, kurzer Sinn: wir haben Sifaye kurzerhand zu unserer Privatsache erklärt. Den Gegenwert einer Stange Zigaretten, den sie monatlich braucht, um sich, ihre Mutter und die Kinder durchzubringen, werden wir etwas aufstocken und Nasreen und Nasmila werden zur Schule gehen.
Roy Marso hat es fertiggebracht ein Konto auf ihren Namen zu eröffnen – normalerweise muss der Antragsteller dazu auch persönlich erscheinen – und es war eine Riesenfreude, ihr das Bankbüchlein bei unserem 2ten Besuch in Hambantota zu überreichen und mit eigenen Augen zu sehen, wie sie ihre Unterschrift hineinsetzte: niemand ausser ihr wird Geld abheben können. Roy wird mit ihr nach Ablauf der 140 Tage auf der Bank vorstellig werden, und ihr den Umgang damit zeigen.