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Impressionen

Um dem “Stress” zu entgehen, uns kurz vor Abflug zu verabschieden, kamen wir auf die Idee, am Wochenende vor unserer Abreise alle Freunde zu einem gemeinsamen Essen einzuladen.

Anstatt einen Wagen mit Fahrer zu mieten, fuhren wir Zug. Da von unserem Ferienort 60 Kilometer südlich von  Colombo nur ein einziger Schienenstrang nach Colombo führt, konnte eigentlich nichts schiefgehen. Wir mussten nur in Moratuwa vom Schnellzug in den Regionalzug wechseln.

Bahnhof von Bentota

Für ganze CHF 1.10.- erstanden wir zwei Billete und das Abenteuer konnte beginnen. Während die dritte Klasse sehr überfüllt war, gab es in der zweiten genügend Sitzplätze und die Fahrt erinnerte mich an die Brig - Visp - Zermatt Bahn von vor 40 Jahren.

Ein Nüsschen-Verkäufer versuchte etliche Male sein Glück bei uns, und schließlich widmete er sich seiner Kopfpflege. Nach längerem Herumsuchen besah er sich jeweils ausgiebig seinen Fund, bevor er ihn mit seinem Daumen wegschnippte.

Wie in vielen anderen Fällen schützte auch hier Wissen gegen die unbegründete Angst vor fremden Kulturen: Asiatisch Kopfläuse können sich auf europäischem Haar nicht halten………

In Moratuwa stiegen wir aus und nach fünf Minuten kam ein Regionalzug, der schon deutlich besser ausgelastet war. Hier liess eine Mutter ihrer kleinen Tochter ebenfalls Kopfpflege zukommen und das Wegschnippen scheint einfach dazuzugehören.

Die ganze Strecke führt am Meer entlang, und obwohl wir den Blick auf die Armenviertel von der Strasse aus gewöhnt sind, ist der Anblick von der Rückseite noch etliches schlimmer.

Unsere Freunde waren mehr als erstaunt zu hören, auf welchem Weg wir nach Colombo gekommen waren, und waren sich einig, dass die Fahrt mit einem Privatbus etliches komfortabler und schneller gewesen wäre.

Das Mittagessen war toll und wir hatten eine gute Zeit miteinander. Nach einer herzlichen Verabschiedung besuchten wir mit Humaid noch eine Messe mit einheimischem Kunsthandwerk im BMICH (Bandaranaike Memorial International Conference Hall) und gegen Abend machten wir uns auf den Heimweg.

Es war uns gelungen, Humaid davon abzubringen, uns zurück zu fahren, und er hüpfte an der Hauptstrasse für unsere Augen etwas aufgeregt zwischen etlichen Bussen hin und her. Die ersten Male bekam er abschlägige Antwort und als uns ein Billeteur zuwinkte, hatten wir genau zehn Sekunden um einzusteigen.

Halten auf Verlangen bedeutet, dass der Bus fast anhält……..

Die Aufgabe der Billeteurs besteht darin, aus der Türe zu brüllen, wohin der Bus fährt und das Fahrgeld einzutreiben. Da es sich um einen komfortablen Bus handelte, war der Preis für Zwei CHF 1.40

Kandytänzer in ColomboMittagessen mit den Freunden

Heinfahrt mit dem "Luxusbus"

Komfortabel ist relativ: Der Bus war in bedenklichem Zustand und verfügte über ca. 25 Sitzplätze und einen äußerst schmalen Gang. Ich ergatterte den letzten Sitzplatz in einer Zweierreihe am Gang, während Michel schon etwas klettern musste, um in seinen Platz in der geschlossenen Viererreihe hinter dem Chauffeur zu kommen. Dort saß er einen Kopf höher als seine Mit-Passagiere - mit den Knien an den Ohren. Vier Reihen weiter hinten versuchte ich, die Papiertüte mit den Geschenken und Einkäufen in meinem nicht vorhandenen Fussraum unterzubringen und mein Kichern unter Kontrolle zu bringen.

Es war bereits dunkel und es regnete in Strömen und das Lachen verging mir angesichts immer neuer Passagiere, die der Billeteur in den Bus brüllte. Kurzzeitig war ich in der Versuchung, dem Mann meine ganze Barschaft auszuhändigen, damit er keine Passagiere mehr mitnahm. Zu allem Elend musste die Frau neben mir aussteigen,  und es mir heute noch nicht ganz klar, wie sie es schaffte rauszukommen. Während ich versuchte, die Papiertüte aus dem Weg zu schaffen, war sie schon über mich weg, und es saß bereits ein neuer Passgier neben mir.

Wegen des Regenwassers gab der Boden der Tüte nach und ich brüllte nach Michel, er müsse mir ein paar Sachen abnehmen. Unsere Mitreisenden waren sehr hilfreich, und über die Köpfe hinweg wurde ein Gegenstand nach dem anderen zu ihm nach vorne gereicht.

Irgendwann befanden sich mehr als 50 Personen im Bus, und interessant wurde es immer dann, wenn einer von ganz hinten (bei der einzigen Türe) vorne aussteigen musste. Dass alle vor ihm ausstiegen, ihn raus ließen, um dann selber wieder einzusteigen, war angesichts der “Haltezeit” undenkbar und so schoben sich die Leute in Zauberwürfel Manier solange hin und her, bis derjenige vorne stand.

Logischerweise fand das Ganze in einem Gang, der kaum genügend Platz für die Füße bot, im Luftraum der Sitzenden statt. Ich fand mich mehrere Male eingeklemmt zwischen der Wange des neben mir sitzenden Passagiers (viermaliger Wechsel in oben beschriebener Manier in einer Geschwindigkeit, die mir keine Chance ließ, auf den Fensterplatz zu wechseln) und einer Pobacke eines an der Zauberwürfel Rochade Beteiligten wieder.

Ein paar Mal war ich kurz davor, die Contenance zu verlieren, um dann wieder in hysterisches Kichern auszubrechen. Ca. 30 Kilometer südlich von Colombo stiegen dann erstmals mehr Passagiere aus als ein und ich hatte mehr Zeit, mich dem Fahrstil des Busfahrers zu widmen.

 Als Passagier in einem Auto sieht es schon sehr abenteuerlich aus, wie die Busse fahren, und ich hatte mich immer gewundert, dass die Leute am Fenster allesamt zu schlafen schienen, unabhängig von der Tageszeit.

Mittlerweile weiß ich es besser: Die beten alle mit geschlossenen Augen……………

 An unserem Bestimmungsort war immerhin der Gang frei und wir sprangen vom Bus direkt in eine Pfütze, einfach nur glücklich, am Stück zu sein, und in der Gewissheit, nie wieder einen Bus in Sri Lanka von innen zu sehen.

Kaum im Hotel rief ein völlig aufgelöster Humaid an, er hätte uns in den falschen Bus gesetzt. Es gäbe viel komfortablere, aber er sei selber noch nie mit einem öffentlichen Bus gefahren………………

Zug schon: zwei Stationen, um seinen Kindern zu zeigen, was ein Zug ist.

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